Scouts to Scouts: Interkontinentale Zusammenarbeit rund um Bio-Landwirtschaft
Alles nahm seinen Anfang im Jahr 2012 im Demonstrationsgarten von Sustainable Agriculture Tanzania (SAT) in Morogoro, als zahlreiche PfadfinderInnen vom SAT-Team in biologischer Landwirtschaft ausgebildet wurden. Zwei dieser Pfadfinder, Mohamed Hussein und Allen Mpange, leben heute aufgrund ihres Studiums in Betriebswirtschaftslehre in Mbeya im Südwesten Tansanias. Die Kosten dieser Ausbildung werden im Gegenzug für ihre Lehrtätigkeit von SAT getragen. Ihre Samstage verbringen die beiden jeweils damit, Pfadfindergruppen in Bio-Landwirtschaft zu unterrichten und mit ihnen die selbst angelegten Schulgärten zu pflegen. Kalobe und Iyunga heissen zwei dieser Schulen, die am Scouts2Scouts-Projekt von SAT teilnehmen und an denen die PfadfinderInnen den Platz für den Anbau von verschiedensten Gemüsesorten zur Verfügung gestellt bekommen. Die Gruppen treffen sich jeweils Samstagmorgen und verbringen den Tag damit, von Mohamed und Allen Neues über Bio-Landwirtschaft zu lernen, sich um die wachsenden Pflanzen zu kümmern, Bio-Kompost herzustellen und, nicht zuletzt, gemeinsam Spass zu haben. Auch die Vermarktung und der Verkauf des von ihnen angebauten Gemüses gehören zu den Aufgaben der jungen PfadfinderInnen. Zum Video
Auf der Tour durch den sattgrünen Gemüsegarten erklärt ein Pfadfinder mit sichtlichem Stolz wie der sogenannte shamba mfuko (Sackgarten) funktioniert: Ein Sack wird bis oben mit Erde und Kompost gefüllt, wobei in der Mitte kleine Steine gestapelt werden. Runderum und oben werden nun Samen gepflanzt, die später in alle Richtungen wachsen werden. Giesst man nun von oben Wasser in den Sack, verteilt sich dieses gleichmässig über die ganze Höhe, da es durch die Ritzen zwischen den Steinen optimal durchsickern kann. Dieses System spart Wasser und ist zudem eine kreative Möglichkeit, auch auf begrenztem Platz Gemüse anzubauen. Die geernteten biologischen Erzeugnisse werden von den PfadfinderInnen an ihre LehrerInnen und an private Abnehmer in der Umgebung verkauft. Mit dem Erlös können die Scouts wiederum Ausflüge und Aktivitäten unternehmen, ihre Pfadfinder-Uniformen finanzieren oder Camps realisieren. In der Iyunga Secondary School hat auch die Schulleitung die positiven Resultate des biologischen Gemüsegartens an ihrer Schule erkannt und wird ab dem neuen Semester die Aktivitäten auf weitere SchülerInnen ausweiten. Die Fläche und die Menge an angebautem Gemüse wird sich somit vergrössern. Das Gemüse wird fortan auch in der eigenen Schulküche verwendet und somit einen Beitrag zu einer ausgewogenen Ernährung der SchülerInnen leisten. Auch nach Beendigung des Projektes werden die Aktivitäten in den Schulen aufrechterhalten und das gesammelte Wissen eigenständig an die nachfolgenden SchülerInnen-Generationen weitergegeben.
Durch das Projekt profitieren nicht nur die SchülerInnen selbst, indem sie sich Wissen über biologische Landwirtschaft aneignen, welches sie wiederum mit ihren Familien und Freunden teilen, sondern auch die Schule. Der Schulleiter von Kalobe spricht von motivierten und selbstständigen jungen Leuten, die diszipliniert und langfristig ein Projekt durchführen und sich dadurch unter anderen unternehmerische Kenntnisse aneignen. Diese Werte und Fähigkeiten würden sie auch in den Schullalltag und den Unterricht hineintragen und langfristig, beruflich und privat, davon profitieren. Die Vermittlung von Kompetenzen in Bio-Landwirtschaft findet nicht nur auf dem Feld statt, sondern hat ebenfalls Einzug in die Klassenzimmer gehalten. Im Fach Biologie zum Beispiel erarbeiten sich von SAT instruiertes Lehrpersonal und SchülerInnen gemeinsam Wissen über verschiedene Pflanzen, die nur wenige Meter weiter im Schulgarten wachsen und als praktisches Anschauungsbeispiel dienen.
Unterstützt wird dieses schneeballartige Wissensvermittlungssystem (von SAT über die Pfadfinderleiter zu den PfadfinderInnen und von diesen weiter zu Familien und Bekannten) durch die Partnerschaft mit den PfadfinderInnen Vorarlbergs. Diese hatten im Jahr 2012 bis 2014, zusammen mit den Pfadfinderinnen und Pfadfindern Österreichs, den Bau von zwei Gästehäusern auf dem Farmer Training Centre und die Ausbildung von mehreren PfadfinderInnen und Pfadfinderleitern in biologischer Landwirtschaft ermöglicht. Seit dem Start von S2S hat SAT zwei Pfadfinderleiter und drei Lehrer ausgebildet und somit 106 PfadfinderInnen die Teilnahme am Projekt ermöglicht. Angetrieben durch den offenkundigen Nutzen wünschen sich die Leiter beider Schulen, dass das Projekt S2S nicht nur weitergeführt, sondern auch ausgeweitet wird. Gemüseanbau für die eigene Schule und eine breite Partizipation der SchülerInnen sind zwei der mittelfristigen Ziele. Und auch die PfadfinderInnen selbst äussern ihre Begeisterung für das Projekt und haben dabei insbesondere einen Wunsch: Ihre Mit-Pfadis aus Österreich persönlich kennenzulernen. „Karibuni Mbeya!“ – „Willkommen in Mbeya!“