Frauenpower in Landwirtschaft und Unternehmen
Sie ist lang die Liste mit guten Gründen, ein Projekt durchzuführen, das speziell Frauen in den Bereichen Landwirtschaft und Kleinunternehmertum fördert. Ganz oben steht der Zusammenhang, dass Frauen bei der Armutsreduzierung eine Schlüsselrolle spielen. Geht es Ihnen gut, profitiert ihre ganze Gemeinschaft davon. Um, das zu verstehen, ist ein näherer Blick auf die Situation von Frauen in ländlichen Gebieten nötig.
Wieso machen gewisse Werte, Normen und Strukturen Frauen anfälliger auf die Armutsfalle? Welche Möglichkeiten gibt es, diese Frauen zu stärken? Wie wird ihre Gemeinschaft dadurch profitieren? Die Geschichten von Mary Milambo, Fides Ndeya und Mariam Jonas liefern Antworten auf diese Fragen. Alle drei Frauen sind Teil des Projekts DWABI, Dodoma’s Women in Agriculture and Business Initiative (‘Dodomas Frauen in Landwirtschaft und Kleinunternehmertum’).
«Trotz aller Schwierigkeiten, die ich mit meinen ersten Gemüsegärten hatte, wollte ich es unbedingt mit einem vierten nochmals versuchen. Wasser ist immer ein grosses Problem und den Nutztieren aus der Nachbarschaft schmeckt mein Gemüse auch. Also entschied ich, einen kleinen Garten nahe bei meinem Haus zu errichten, wo es einfacher ist, für genügend Feuchtigkeit zu sorgen und Tiere von den Pflanzen fernzuhalten. Jetzt haben wir endlich genug Gemüse zuhause. Die Mahlzeiten für meine Familie sind wirklich reichhaltiger geworden.»
Mary Milambo, 50, Chololo
Marys Geschichte ist beispielhaft für die Situation vieler Frauen: Sie bebauen Land, um ihre Familien zu ernähren. Wegen der spärlichen Regenfälle in der Dodoma Region ist es anspruchsvoll, gute Erträge mit Überschüssen zu erzielen, die auf dem Markt verkauft werden könnten. Zudem schwanken die Erntemengen je nach Jahreszeit erheblich. Der Klimawandel und unpassende Landbaumethoden verschärfen die Situation. Oft befinden sich die Frauen in einem nicht enden wollenden Kampf, ihre Familien angemessen zu ernähren.
Durch ihren Küchengarten hat Mary die Erfahrung gemacht, selbst etwas bewirken zu können. Dank der Methoden, die sie gelernt hat, ist ihr Gemüsegarten weniger anfällig auf Wassermangel. Überdies baut Mary eine grössere Vielfalt an Pflanzen an. All das hat die Ernährungssituation in Ihrer Familie deutlich verbessert, was ein grosser Schritt auf dem Weg aus der Armut hinaus ist. Gut ernährte Kinder haben bessere Voraussetzungen erfolgreich zu lernen und die Kompetenzen aufzubauen, die sie im Leben gebrauchen werden. In den nächsten Geschichten werden wir sehen, welch enorme Auswirkungen passendes Know-how haben kann.
«Seit ich vor sechs Jahren die Primarschule abgeschlossen habe, versuchte ich alles Mögliche, um mein Leben zu verbessern. Ich habe bald begriffen, dass ich mehr Bildung brauche. Als ich gehört habe, dass in meinem Dorf eine Gruppe zur Frauenförderung gegründet werden soll, habe ich die Chance sofort gepackt. Ich habe grosse Schritte gemacht. Süssigkeiten aus Baobabfrüchten herzustellen, ist sehr profitabel. Dann habe ich gelernt, wie ich Geld ansparen und Darlehen für weitere Geschäfte kriegen kann. Ich konnte mir bereits 3 Acre (1.2 ha) Land und Saatgut für Erdnüsse kaufen. Mein Garten gib genug her, um einen Teil des Gemüses auf dem Markt zu verkaufen. Als ich krank geworden bin, hat mich die Gruppe mit Geld aus unserem Sozialfonds unterstützt, in den wir alle einzahlen.»
Fides Ndeya, 19, Kingiti
Die Geschichte von Fides zeigt uns, dass der Zugang zu relevanter Bildung eine beachtliche Verbesserung der Lebensumstände bringen kann. Durch das DWABI Projekt eignen sich Frauen Geschäftsstrategien an. Baobabsüssigkeiten zu produzieren, ist ein Beispiel für Wertzuwachs, der durch die Weiterverarbeitung von Produkten entsteht. Die DWABI-Frauen lernen aber auch, Seife, Batikstoffe und geflochtene Accessoires wie Taschen herzustellen. All diese Tätigkeiten sorgen dafür, dass mehr Geld in die Gemeinschaften fliesst, als wenn einzig Rohprodukte verkauft würden.
Gleichzeitig diversifizieren die Frauen so ihre Produktion. Fides, zum Beispiel, verkauft Gemüse, selbstgemachte Süssigkeiten und beginnt nun mit dem Anbau von Erdnüssen. Diese Ausweitung sichert ein stabileres Einkommen übers ganze Jahr hinweg. Das ist wesentlich in einer Landwirtschaft ohne künstliche Bewässerung, besonders angesichts der jahreszeitlichen Ertragsschwankungen, die typisch sind für Dodomas Trockengebiete.
Ebenso wichtig ist es allerdings, dieses zusätzliche Einkommen klug zu verwalten. Fides legt so viel Geld, wie sie sich leisten kann, in ihrer Spar- und Leihgruppe an. Dann nimmt sie Darlehen auf, um in weitere Geschäftsaktivitäten zu investieren. Ausbildner*innen von SAT führen dieses bewährte Mikrofinanzsystem in jeder DWABI-Gruppe ein. Der Landbevölkerung bleibt ansonsten der Zugang zu Finanzdienstleistungen meistens verwehrt. Banken sind oft weit weg gelegen und ihre Bedingungen, um ein Konto zu eröffnen geschweige denn, einen Kredit zu kriegen sind sehr ungünstig. Ganz besonders für Frauen. Bäuerinnen besitzen in den wenigsten Fällen Land oder sonst welche Sicherheiten, die sie zu kreditwürdigen Bankkundinnen machen würden.
Durch ihre Spar- und Leihgruppe ist Fides dagegen zur Landbesitzerin geworden, was wahrlich ein Durchbruch ist. Die Kenntnisse zu nachhaltiger und produktiverer Landwirtschaft hat sie in den Ausbildungen erworben, die Teil des DWABI Projekts sind. Die Biolandbaumethoden, welche die Frauen erlernen, sind arbeits- und wissensintensiv. Aber sie gewährleisten eine wirksame Wasser- und Bodenbewirtschaftung. Daher werden sie den Anforderungen der Landwirtschaft in diesen Trockengebieten gerecht. Zusätzlich zur Vermittlung der Methoden unterstützt SAT die Frauengruppen mit den nötigen Werkzeugen.
Wie Fides Ndeya, ist auch Mariam Jonas eine erfolgreiche Bäuerin, Sparerin und Geschäftsfrau geworden. Ihre Geschichte zeigt noch mehr als, wie das DWABI Projekt Frauen erfolgreich ermächtigt, der Armutsfalle zu entkommen. Am Beispiel von Mariam kann man verstehen, wie die DWABI-Frauen dazu beitragen, dass weit mehr Leute erreicht werden, als SAT dies alleine tun könnte.
«Mit meinem Einkommen aus der Landwirtschaft, konnte ich dieses Jahr vier Hasen kaufen – ein Männchen und drei Weibchen. Zwei haben bereits neun Jungen geboren und das Dritte ist trächtig. Ich betrachte meine Tätigkeiten als Langzeitprojekte. In zwei Jahren werde ich wohl genug Einkommen und Ersparnisse haben, um ein neues Haus zu bauen und meiner Tochter Jane eine weiterführende Schule zu bezahlen. Durch das Training, das ich in Morogoro gemacht habe, wurde ich zu einer peer-to-peer Ausbilderin (Anm. ‘eine Bäuerin, die andere Bäuerinnen ausbildet’). Ich kann es kaum erwarten, 2020 eine neue Frauengruppe mit aufzubauen, auszubilden und zu beraten.»
Mariam Jonas, 29, Kikombo
Mariam will also sicherstellen, dass ihre Tochter einen höheren Schulabschluss erreichen kann als die Primarschule. Dieses Ziel ist nur durch Planung und vorausschauendes Handeln möglich. Eine solche Art zu denken, können sich Leute in Armut nicht leisten. Glücklicherweise erlauben das Mariams Lebensumstände mittlerweile. Sie muss nicht mehr damit ringen, die grundlegendsten Bedürfnisse zuhause stillen zu können. Vielmehr ist Mariam zu einer selbstbestimmten Person geworden, die wichtige Entscheidungen für ihre Familie und für ihr Geschäft trifft.
Frauen wie Mariam sind überzeugende Führungspersonen. Sie spielen deshalb die Hauptrolle darin, die erfolgreiche Herangehensweise von DWABI weiter zu verbreiten. Durch sie werden 1’500 zusätzliche Kleinbäuerinnen erreicht, welche alle mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert sind, wie wir sie oben gesehen haben. Sechzig Frauen haben hierfür eine Spezialschulung im SAT Farmer Training Centre besucht, um selbst zu Ausbildnerinnen zu werden. Zusätzlich zu ihren Kenntnissen in Regenfeldbau, Gemüseanbau und Unternehmertum werden sie ihre persönlichen Erfahrungen weitergeben können – eine Ressource von unschätzbarem Wert.
Wir danken der Unterstützung von DWABI durch die Austrian Development Agency (ADA), der Agentur der Österreichischen Entwicklungszusammenarbeit, und ICEP.